Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

10SEP2024
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Auf dem Weg ins Aufnahmestudio ist mir das passiert, was eigentlich nicht passieren darf: Ich bin ohne Handy aus dem Haus. Mein Puls ist ganz schön hochgegangen. Irgendwie habe ich mich nackt gefühlt und ziemlich ausgeliefert. Ich hatte ja weder meine Monatskarte noch meine Bahnverbindung greifbar. Ich wusste zwar, an welcher U-Bahnstation ich umsteigen muss, doch wie ich zur Haltestelle beim SWR komme, hatte ich mir nicht eingeprägt. Ich hatte zu Hause lieber schnell einen Screenshot gemacht. In der U-Bahn habe ich einen Schüler im Sitz nebenan gefragt, ob er mir eine Verbindung suchen kann. Er war supernett, so dass ich gut ans Ziel kam.

Wie abhängig ich doch vom Handy geworden bin, über die Jahre, habe ich gedacht. Vieles, was ich mir früher im Kopf gemerkt hätte, ist heute darin abgespeichert.

Ich finde das nicht schlimm, aber bemerkenswert. Denn ich hätte bis dahin fest behauptet, ich bin von nichts und niemandem abhängig. Außer von Gott. Und bei ihm soll es ja so sein. Das wünsche ich mir zumindest, dass ich im Grundsätzlichen keine Alleingänge mache. Ich bin überzeugt, dass mein Leben gewinnt, wenn ich Gott Einfluss nehmen lasse und ich mich nach ihm ausrichte.

In den Stunden ohne Handy ist mir aufgefallen, wie oft ich es am Tag in die Hand nehme. Würde ich genauso oft Kontakt mit Gott aufnehmen, käme da ganz schön was zusammen. Und ich stelle mir vor, dass ich dann viel mehr in mir ruhen würde.

Ich nehme mir vor, kurze Kontaktzeiten mit Gott einzuplanen. Nichts Großes, dafür mehrmals am Tag. Kurz die Augen schließen und mir klarmachen, was gerade war und was als Nächstes kommt und kurz überlegen, wie Gott das einschätzt. Ich kann den Blick auf Gott und den Blick aufs Handy auch kombinieren. Ich kann in der Fotogalerie zurückscrollen und Gott sagen, ob ich dabei dankbar oder frustriert bin. Oder ich schaue im Kalender nach vorne und teile meine Vorfreude mit ihm oder auch meine Befürchtungen.

Als ich später wieder mit meinem Handy vereint war, war das ein gutes Gefühl. Seitdem checke ich, selbst wenn ich in Eile bin, jedes Mal, ob ich es wirklich eingesteckt habe. Und zum Glück brauche ich für Gott nichts einzupacken. Er ist auf jeden Fall dabei.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40637
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