SWR Kultur Lied zum Sonntag

28JUL2024
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Psalmen wurden in jeder Musikepoche vertont: von Bach bis Bernstein, von Dvorak bis U2.

 

Musik

 

Unser heutiges Lied zum Sonntag ist eine moderne Psalm-Vertonung von Luis Weiß aus Köln. Er nennt sich „Kirchenraum-Musiker“ und wandelt zwischen Jazz, Kirchenmusik und elektronischer Musik. Er hat ein ganzes Album mit vertonten Psalmen herausgegeben, „Psalmcodes“ heißt es. Wir hören heute seine Interpretation des Psalms 4, der so beginnt:

 

Musik: Wenn ich rufe, gib mir Antwort

 

„Wenn ich rufe, gib mir Antwort, Gott meiner Gerechtigkeit! Du hast mir weiten Raum geschaffen (…)“

 

Musik: Du hast weiten Raum geschaffen

 

Auffällig ist der maschinelle Effekt, der über der Stimme liegt. Es ist ein so genannter „Vocoder“, der ab den 60er Jahren in der Popmusik eingesetzt wurde. Ursprünglich wurde der Vocoder vom amerikanischen Militär entwickelt, um menschliche Stimmen zu codieren. Frühere Militärtechnik für religiöse Inhalte zu benutzen - für Luis Weiß bedeutet das: musikalisch Schwerter zu Pflugscharen machen.

 

Und gleichzeitig bekommt der Klang etwas Transzendentes. Das erreicht Luis Weiß, indem er mit Rauschen, Knistern, Verzerren und langen Delays, also Echo-Effekten, arbeitet. So soll spürbar werden, dass Psalmen aus einer anderen Zeit kommen und doch in unsere Zeit hinein wirken und aktuell sind.

 

Psalm 4 geht mit einer drängenden Frage weiter: „Ihr Mächtigen, wie lange noch schmäht ihr meine Ehre, wie lange noch liebt ihr das Nichtige und sucht die Lüge?“ Der Psalmtext ist so alt und doch so aktuell: Wie lange noch sollen wir mit ansehen, wie die Mächtigen Hassreden halten und lügen? Aber es ist gleichzeitig eine drängende Frage an uns: Warum lüge ich, warum schimpfe und schmähe ich?

 

Musik: Warum lügt ihr? Warum schmäht ihr?

 

Der Psalmist kommt zum Schluss, dass ich diese Fragen mit meinem Gewissen ausmachen muss. Mit dieser inneren Stimme, die mit mir in Dialog treten kann. Meistens dann, wenn andere Reize ausgeblendet werden, wenn ich still werde, beim Einschlafen zum Beispiel. In Psalm 4 heißt es: „Bedenkt es auf eurem Lager und werdet still!“

 

Musik: Bedenkt es und werdet still.

 

Ich bin überzeugt: wenn ich mit mir selbst in Dialog trete, dann trete ich auch mit Gott in Dialog. Diese kleinen Zwiegespräche, die mich umtreiben, diese Überlegungen, die ich anstelle – wenn ich darin erkenne, dass Gott mit mir in Verbindung sein möchte, dann treffe ich meistens gute Entscheidungen. Und es tut so gut, sich begleitet zu wissen. Und auch diese uralte Erfahrung bringt Psalm 4 am Ende ins Wort. Da heißt es: „HERR, lass dein Angesicht über uns leuchten! Du legst mir größere Freude ins Herz, als andere haben bei Korn und Wein in Fülle.“

 

Musik:

Lass dein Angesicht über uns leuchten

und leg uns Freude ins Herz.

Lass dein Angesicht über uns leuchten

und leg uns Freude ins Herz.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40366
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