Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

22JUL2024
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Eine starke Frau, an die sich die Kirche heute erinnert: Maria aus Magdala, die Begleiterin Jesu – gebildet, gut betucht und ihm in Liebe verbunden. Heilige oder Hure? Mit den Männern in der Gefolgschaft Jesu muss es damals schon ordentlich gerappelt haben. Ein späterer Papst verwechselte dann Maria – vermutlich absichtlich – mit einem  stadtbekannten Strichmädchen aus Jerusalem, einer „Sünderin“, heißt es im Lukas-Evangelium (7.36-50).

Inzwischen längst rehabilitiert, wird Maria aus Magdala als „Apostelin“ verehrt und als eine der ersten und wichtigsten Zeuginnen der Auferstehung Jesu gefeiert. Die Erzählung vom Ostermorgen (Johannesevangelium (20,11-18) geht mir immer unter die Haut: Unterwegs um Jesus den letzten Liebesdienst zu erweisen und seinen Leichnam zu salben – erschrickt Magdalene zu Tode: Das Grab ist leer. Nun hat sie nicht einmal mehr einen Ort für ihre Trauer. Weinend spricht sie den Mann an, den sie für den Friedhofsgärtner hält: Wo hast du den Leichnam hingelegt, ich will ihn holen. Der schaut ihr in die Augen und nennt plötzlich ihren Namen: „Maria“. „Rabbuni“, geliebter Meister, bricht es da aus ihr heraus. Gar kein Zweifel - er ist es, er lebt, er nennt sie beim Namen. In diesem Moment müssen wohl alle Saiten ihrer verwundeten Seele ins Schwingen geraten sein. Wie auf einem Resonanzboden klingt wieder, was die beiden miteinander verbunden hat.

Auferstehung, sagt mir diese Geschichte, ist mit dem Verstand nicht zu erfassen, sie ist un-begreiflich. „Rühr mich nicht an“, mahnt Jesus. Ich bin nicht mehr der Alte im Kleid der Vergänglichkeit. - Aber man kann Auferstehung erahnen, und zwar im Widerhall der Liebe, wenn in mir nachklingt, was mich mit einem lieben Verstorbenen im Leben verband.

Damit mache ich Trauernden Mut. Der Mutter, die weinend und voll inniger Liebe das Foto ihres so früh verstorbenen Jungen küsst. Dem alten Mann, der täglich das Grab seiner Frau besucht und es liebevoll pflegt. Dem Kind, das um seine verstorbene Mutter weint. Hört ihr? Trauer ist der Nachhall der Liebe. Und Liebe ist stärker als der Tod.

Das lässt mich hoffen: Gott ist die Liebe, glauben wir. Dann verbindet uns die Liebe mit ihm, und wir werden leben – über den Tod hinaus. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40334
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