Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

18JUL2024
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Ich hatte vor kurzem einen bösen Streit mit einer Bekannten. Es war übel. Und seither bin ich überzeugt: So etwas wie eine „Streit-Kultur“ gibt es eigentlich gar nicht. Von wegen Kultur: Streit ist eher eine Art Explosion. Oder wie Angriff und Gegenangriff. Jedenfalls ist Streiten alles andere, als zivilisiert oder sogar lösungsorientiert miteinander zu reden. Man kann froh sein, wenn niemand dabei verletzt wird. Streit gehe ich deshalb – wenn irgend möglich – aus dem Weg.

Anders ist das mit dem Konflikt, der hinter einem Streit steckt, denke ich. Wenn ich dem aus dem Weg gehe, dann gehe ich dem Menschen aus dem Weg, mit dem ich mich eigentlich auseinandersetzen sollte. Deshalb: Wenn da etwas zwischen uns steht – nicht um den heißen Brei herumreden. Nicht meinem Gegenüber aus dem Weg gehen mit irgendwelchen Ausweichmanövern: „Schönes Wetter heute“ oder sonst irgendwelchen Belanglosigkeiten. Denn das wird sonst alles sein, was von unserer Beziehung übrigbleiben wird: Belanglosigkeiten.

Ich plädiere deshalb für eine Konflikt-Kultur: Eben nicht warten, bis ein Streit ausbricht. Lieber sollte ich die Chance nutzen, mit meinem Gegenüber wirklich zu reden und das Problem auf den Tisch zu bringen, auch wenn das sehr schwer ist: persönlich werden - Kritik am anderen üben - selbst kritisiert werden... Vielleicht lässt sich der Konflikt so lösen. Aber selbst wenn nicht – entscheidend ist, dass unser Problem nicht länger wie eine unsichtbare Wand zwischen uns steht. Der Konflikt muss auf den Tisch – daran führt kein Weg vorbei.  

Obwohl – eine Ausnahme von dieser Konflikt-Kultur gibt es vielleicht doch. Vielleicht ist es doch in Ordnung, einem Konflikt aus dem Weg zu gehen, wenn beide Seiten damit einverstanden sind – bewusst oder auch unbewusst. Wenn stillschweigend gilt: Lassen wir’s bei Seite. Vergeben und vergessen. Oder genauer: Vergeben und dann bei Seite legen - und damit die Mauer überwinden, die uns voneinander trennt.  

Auch diese letzte Möglichkeit ist nicht leicht, finde ich. Es kostet ganz schön Kraft, einen Konflikt zu überwinden oder ihn auszuhalten. Sogar ihn beiseitezulegen und einander zu vergeben. Um ein wenig Unterstützung von Gott bitte ich deshalb gerne. Zum Beispiel, wenn ich mit den Worten des Vater Unsers bete: Vater unser im Himmel. Geheiligt werde Dein Name, Dein Reich komme. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40290
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