SWR4 Sonntagsgedanken

07JUL2024
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Falls Sie getauft sind: Wissen Sie, ob sie einen Taufspruch haben? Ein Bibelwort, das ihnen Ihre Gemeinde und ihre Familie mit auf den Weg gegeben hat? Ich frag das immer mal wieder Menschen und kaum einer weiß ihn. Ich frag auch meine Konfirmandinnen und Konfirmanden im Unterricht danach. Und blicke meistens ebenfalls in ratlose Gesichter. Ob sie getauft sind, das wissen die meisten der Jugendlichen. Aber ihren Taufspruch? Fehlanzeige. Umso größer ist die Überraschung, wenn ich die Taufsprüche meiner Konfis vor der Stunde rausgesucht habe und ihnen mitbringe. Viele rührt das, weil ihnen ihr Spruch zeigt: Das und das haben meine Eltern, meine Paten oder auch der Pfarrer damals über mich gedacht oder mit mir erlebt.

In der Kleinstadt, in der ich Pfarrer war, hab ich das mit den Konfis natürlich auch so gemacht. Aber bei einer Konfi-Gruppe, da hatten unglaublich viele der Jugendlichen genau den gleichen Spruch. Ein Kollege, der in der gleichen Gemeinde gearbeitet hat, hat nämlich für alle Täuflinge denselben Spruch ausgewählt: Fürchte Dich nicht, ich habe Dich erlöst. Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen. Du bist mein. Er hat gesagt: Das ist doch der beste Spruch für die Taufe. Gott sagt: Du gehörst zu mir. Und genau das feiere ich, wenn ich einem Kind dreimal Wasser über den Kopf laufen lasse.

Jetzt stellen Sie sich mal meine Konfi-Stunde vor: Ich sitze mit 30 Konfis im Gemeindesaal im Stuhlkreis. In der Mitte liegen die Taufsprüche. Für jeden Jugendlichen ein Spruch. Manchmal haben auch zwei oder drei denselben. Aber genau dieser – Fürchte Dich nicht, ich habe dich erlöst… - liegt da zehn-, zwölfmal. Für die Konfis mit diesem Spruch war das immer ganz zweischneidig. Einerseits fanden sie es natürlich lustig. So: „Ah, Du gehörst also auch zu den Furchtlosen?“ oder „Yeah, bester Spruch!“

Andererseits hat sich immer auch ein negatives Gefühl eingeschlichen: Nämlich weil sich der eigene Spruch irgendwie unbesonders anfühlt. Wenn den außer mir noch 15 haben – wie individuell kann das sein? Ist es überhaupt individuell? Hat das überhaupt was mit mir und meiner Familie zu tun?

Das mussten wir als Konfigruppen dann immer erst einmal aushalten. Und ich habe dann gesagt: „Wisst Ihr, die Taufe ist ein Symbol, dass Ihr mit Gott fest verbunden seid. Und mit Eurem Spruch sagt Gott auch zu Euch: Du gehörst zu mir. Und das beschreibt gut, was in der Taufe passiert. Dass ein Mensch zu Gott gehört.“

Meistens haben die Teenager das dann akzeptiert. Mit umso größerem Eifer haben sie sich dann aber auf die Suche nach einem Konfispruch gemacht. Denn mit dem Konfispruch konnten alle aus der Gruppe – und gerade auch die mit dem immer gleichen Spruch – sehr genau benennen, was für sie, ihren Glauben und ihre Werte zählt. Das fanden die gut.  

Bei der Gelegenheit: Kennen Sie eigentlich Ihren Konfispruch? Das frage ich auch immer wieder mal und da wissen erstaunlich viele Leute mindestens noch Bruchstücke!

Die Konfis aus meiner Gruppe konnten mit ihrer ganz eigenen Wahl einen Schritt weiter kommen – über die allgemeine Zusage Gottes hinaus. Sie konnten ihrem Glauben eine Form geben, die zu ihnen passt. Und darauf kommt es an, wenn Gottvertrauen oder Glaube tragfähig sein sollen.

Wenn nämlich der Gott der Bibel sagt: „Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen. Du gehörst zu mir“, dann ist das natürlich ein tolles Versprechen. Aber was kann das für mich heißen? Wie fühlt sich das für mich an? Gottes allgemein gültiges Versprechen braucht eine Form, die für mich passt.

Und da können dreizehn-, vierzehnjährige einen ganz schön überraschen, was die Auswahl angeht. Ein Mädchen hat gewählt: „Mit Gott bekomme ich Flügel wie ein Adler.“ Ein Junge hat genommen: „Lass Dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Wieder eine hat ausgewählt: „Glauben ist ein Sichverlassen auf das, was man nicht sieht.“ Und einer hat gewählt: „Fürchte Dich nicht, ich habe Dich erlöst. Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen. Du bist mein.“ Er hatte sich extra vorher erkundigt, ob Taufsprüche nochmal genutzt werden dürfen.

So unterschiedlich fühlt es sich an, wenn Gott sagt „Du gehörst zu mir“. Der ersten gibt es Kraft und Schwung. Dem zweiten den Mut, die Welt zu verbessern. Der dritten hilft es zu erkennen, dass die Seele in der Welt keine Ruhe finden kann. Und dem vierten schenkt es im Wortsinn Zugehörigkeit.

Es braucht für ein tragfähiges Gottvertrauen einfach beides: Gottes Versprechen und meine Art, es für mich gültig zu machen. Und ich hoffe, dass Gott meine Deutung gefällt und die Form, die ich ihm damit gebe. Das ist meine Individualität in der Allgemeinheit.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40258
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