Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

12JUL2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Das Achtelfinale zwischen Deutschland und Dänemark wird wahrscheinlich nicht aus sportlichen Gründen in die Geschichte eingehen. 30 Minuten nach dem Start des Spiels musste der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen. Der Grund: ein heftiges Gewitter tobte über dem Stadion. Starkregen und Blitze trieben die Mannschaften in die Katakomben zurück. Auch die Zuschauer brachten sich in Sicherheit. 20 Minuten lang hat die Blitz-und-Donner-Pause gedauert.

Für 20 Minuten hatte die Naturgewalt die Regie übernommen. Kein Videoassistent, kein noch so gewiefter Moderator, noch nicht einmal die mächtige UEFA wäre in der Lage gewesen, daran irgendetwas zu ändern. Die sonst so Mächtigen waren plötzlich ohnmächtig.

Für mich war diese Gewitterpause während der Fußball-Europameisterschaft ein gutes Beispiel dafür, wie abhängig ich bin von der Natur. Ich kann sie mir zwar heute oft technisch vom Leib halten. Viel mehr als frühere Generationen das konnten. Ich lebe in einem robusten Haus, ich habe gute Kleidung und es gibt viele verlässliche Vorhersagen. Aber letztendlich bleibe ich von ihr abhängig. Das zeigt sich nicht nur, wenn ein Unwetter über mich hereinbricht. Denn es gibt ja nicht nur die Natur da draußen, sondern ich bin selbst Natur.  Meine eigene Natur wirkt oft leiser und lange unbemerkt. Das zeigt sich besonders daran, dass ich älter werde. Und Menschen, die krank sind, brauche ich nichts von der stillen Gewalt der Natur zu erzählen.

Die Gewalt des Gewitters beim Achtelfinale hat mir wieder einmal klargemacht: wir sind nicht die Herrscher auf Erden. Wir sind nur Geschöpfe. Auch wenn die Technik, die uns davor schützt, ein Segen sein kann – wir sind und bleiben verletzlich und im Angesicht der Kräfte der Natur oft erschreckend klein. Und deshalb bin ich dankbar für jeden Tag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40248
weiterlesen...