SWR Kultur Wort zum Tag

06JUL2024
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Vor ein paar Tagen war bei uns der Strom weg. Im ganzen Ort. In machen Straßen gab es erst nach 24 Stunden wieder Licht und warmes Wasser. Supermarkt zu, Tankstelle außer Betrieb, Kühlschränke stehen still und das Licht bleibt aus. Ich muss zugeben, da musste ich mich erst mal orientieren. Gerade als am Abend immer noch kein Strom da war. Wo sind die Kerzen und Streichhölzer? Wie gehen wir mit den Sachen aus der Kühltruhe um? Wo kann ich das Fußballspiel doch noch sehen? Auf einen so langen Stromausfall war ich überhaupt nicht vorbereitet.

Für mich war das Ganze aber eher ein Abenteuer. Alles halb so wild. Zumal dann auch der Strom wieder kam. Für manche war das anders. Für Kranke, die auf Sauerstoff angewiesen sind und dafür eine Maschine brauchen. Im Supermarkt: Da haben sie die komplette Ware aus Gefriertruhen und Kühltheken entsorgt. Ein riesiger Schaden.

Mir ist wieder klar geworden, wie selbstverständlich ich viele Dinge in meinem Leben und um mich herum nehme. So selbstverständlich, dass ich gar nicht darüber nachdenke. Sie sind einfach da – wie der Strom oder das Wasser, das aus dem Hahn fließt. Und dann denke ich, dass ich zu oft vieles für zu selbstverständlich nehme. Beziehungen, Sonnenaufgänge, Freundschaften, Musik, ein frischer Windzug im Sommer. Ich muss nur die Augen aufmachen.

Vielleicht ist es sogar dieses scheinbar Selbstverständliche, das das Leben erst reich und rund macht. Vieles davon fällt mir einfach zu. Der laue Sommerabend. Die singenden Vögel am Morgen. Um anderes aber kann ich mich kümmern, kann Freunde anrufen, ein Treffen ausmachen, mal genau hinhören auf das tolle Lied im Radio. Kann sehen, wie viele Menschen das Land am Laufen halten und dadurch mein Leben möglich machen. Mich macht das dankbar. So dankbar, wie ich war, als der Strom dann wieder kam.

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