SWR Kultur Lied zum Sonntag

07JUL2024
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Ein echter Brunnen als Taufstein – ich wünsche mir eine Kirche, in der es das gibt. Einen Brunnen, der durch viele Erd- und Gesteinsschichten hindurch bis zum Grundwasser reicht. Über die Verbindung mit Gott als Lebensquelle müsste nicht lange gepredigt werden, denn sie wäre einfach da. Jeder Täufling käme damit in Berührung. Und auch jeder andere Mensch, der es wieder einmal spüren möchte. Abends säßen wir zusammen auf dem Taufstein-Brunnenrand und erzählten uns Geschichten aus unserem Leben. Und manchmal sängen wir auch ein Lied:

O Lebensbrünnlein tief und groß, entsprungen aus des Vaters Schoß,
ein wahrer Gott ohn Ende.
Der du dich uns hast offenbart in unsrer Menschheit, rein und zart,
dein lieb Herz zu uns wende.
Denn wie ein Hirsch nach frischer Quell, so schreit zu dir mein arme Seel
aus dieser Welt Elende.

„Wie ein Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu Dir. Meine Seele hat Gott-Durst, Durst nach dem lebendigen Gott.“ So heißt es im 42. Psalm. Ein großartiges Bild für die Sehnsucht, die auch mich manchmal befällt: Sehnsucht nach dem, was meinem Glauben Nahrung gibt. Das alte Lied aus dem Jahr 1618 hat eine gut protestantische Antwort darauf, was mich geistlich satt machen kann. Nämlich die belebenden und aufrichtenden Worte, die Jesus gesprochen hat. Im O-Ton: „Mit seinem Evangelio macht er mein Herz im Leib so froh, dass ich sein nicht vergesse.“

O Lebensbrünnlein, durch dein Wort, hast du dich uns an allem Ort
erfüllt mit reichen Gaben,
voll Wahrheit und göttlicher Gnad, die uns erschienen früh und spat,
das matte Herz zu laben.
O frischer Quell, o Brünnelein, erquick und lass die Seele mein
in dir das Leben haben. 

Und wenn wir uns dann mit solchen Lebensworten gestärkt haben und so voll sind, dass wir nicht mal mehr papp sagen können, hält das Lied in seiner letzten Strophe auch noch eine kleine geistliche Verdauungsübung für uns bereit. Der Dichter Johannes Mühlmann rät: „Hüpf auf, mein Herz, spring, tanz und sing, in deinem Gott sei guter Ding, der Himmel steht dir offen. Drum sei getrost und glaube fest, dass du noch hast das Allerbest in jener Welt zu hoffen.“ Und der Chor spinnt diesen tröstlichen Gedanken für uns noch ein bisschen fort:

Gott selbst wird sein mein Speis und Trank, mein Ruhm, mein Lied, mein Lobgesang,
mein Lust und Wohlgefallen,
mein Reichtum, Zierd und werte Kron, mein Klarheit, Licht und helle Sonn,
in ewger Freud zu wallen;
ja, dass ich’s sag mit einem Wort, was mir Gott wird bescheren dort:
„Er wird sein alls in allen.“

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Musikangaben:
Text: Johannes Mühlmann (1618)
Melodie: Görlitz 1587
Aufnahme: Ruhr-Kantorei

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