SWR3 Gedanken

19JUN2024
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„Ich bin im Paradies!“ Das ruf ich meiner Familie zu. Dabei stehe ich mitten auf einem Erdbeerfeld, am Rande eines Minidorfes. Ich hab eine Cappie auf, immerhin knallt die Sonne ganz schön; meine Finger sind schon ganz rot vom Pflücken und mein Bauch kneift, weil ich mich an die alte Erdbeerpflückregel halte: Immer erst eine Erdbeere in den Mund, dann eine in den Korb.

Beim Erdbeerpflücken kommen mir ganz viele Erinnerungen aus meiner Kindheit: Wie meine Oma immer der Ehrgeiz gepackt hat, die größten und besten Erdbeeren zu pflücken. Oder meine Mutter, die mir ganz beseelt zugeschaut hat, wie ich jede einzelne Erdbeere genieße und alles um mich herum vergesse.

So ist das auch heute noch, auf dem Erdbeerfeld. Mich überkommt so eine große Welle an Glücksgefühlen und ich denke mir: So muss es im Paradies sein.

Ich bin mir in dem Moment einfach so sicher, dass Gott da ist. Dass er es echt gut mit mir und meinem Leben meint. So muss doch ein bisschen das Paradies sein: Ganz tiefe Dankbarkeit empfinden.

Das Erdbeerfeld ist aber nicht der einzige Ort, an dem ich das fühle. Als meine Kinder noch ganz klein gewesen sind, da war’s die Dusche. Der einzige Ort, an dem ich endlich mal habe alleine sein können – ohne Kinderweinen – wenige Minuten, wirklich nur für mich, ganz allein. Auch da habe ich – neben meiner Müdigkeit und Erschöpfung – gespürt, wie dankbar ich bin. Endlich mal nur ich, aber auch, wie unfassbar krass es ist, dass ich jetzt Mutter bin.

Ich will mein Leben jetzt nicht als einen paradiesischen Ort verklären – oft genug steh ich vorm Spiegel und sag mir: „Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr!“ Umso wichtiger finde ich, es laut raus zu rufen, wenn ich das fühle: „Ich bin im Paradies!“

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