Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13JUN2024
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An der Schule meiner Kinder gibt es keine Noten. Die Schülerinnen und Schüler bekommen stattdessen Rückmeldungen wie: „geschafft“, „fast geschafft“, „noch nicht geschafft“.

Es geht darum, dass die Kinder sich nicht über ihre Noten definieren. Dass sie sich nicht aufgrund einer Zahl selbst einen Stempel aufdrücken –zum Beispiel: Ich bin eben schlecht in Mathe. Sondern dass bei allen Rückmeldungen im Fokus steht: Ich bin auf einem Weg. Ich habe das NOCH nicht geschafft, aber ich gehe weiter und irgendwann schaffe ich das.

Mir gefällt der Ansatz gut. Ich mag auch, dass die Grundaussage ist: Das habe ich geschafft. Und nicht: Darin bin ich perfekt. Wenn ich bei mir selbst schaue, dann ist das nämlich viel zu oft mein Anspruch. Alles richtig zu machen. Ich schaue dann zurück auf Situationen und gehe sie im Kopf durch – und mir fallen jede Menge Dinge auf, die ich besser hätte sagen oder machen können. Ich vergleiche mich immer wieder mit anderen – egal ob auf Social media oder in meinem Umfeld-  und bemerke natürlich immer genau die Punkte, die andere irgendwie besser hinbekommen als ich.

Ich finde, so eine „Geschafft-Kultur“ ist nicht nur in der Schule, sondern auch im sonstigen Leben ein guter Ansatz. Sie erlaubt mir, besser zu werden und zu wachsen, statt an einem oft willkürlichen Moment festzumachen, ob ich etwas kann oder nicht. Scheitern ist dann nicht mehr die endgültige Niederlage, sondern eher ein Anfang. Ein Schritt auf dem Weg. Etwas, woraus ich lernen kann. 

Ich will mich also darin üben, gnädiger mit mir zu sein. Beim Rückblick darauf zu schauen, was ich hinbekommen habe – nicht nur, was ich hätte besser machen können.

Wenn ich überlege, was ich alles schon geschafft habe, dann bin ich ganz schön dankbar. Ich denke an schwierige Jahre während meiner Schulzeit, an beruflich herausfordernde Situationen, an den Spagat zwischen Beruf und Familie. Gerade da, wo es besonders schwer war, wo die Herausforderung groß oder die Umstände besonders widrig waren: da bin ich auch etwas stolz, dass ich das hinbekommen habe. Sicher nicht perfekt, aber angesichts der Umstände doch: geschafft!

Wenn Sie zurückschauen – sicher haben auch Sie schon eine Menge geschafft- trotz aller Umstände.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie dafür dankbar sein können– und vielleicht auch ein wenig stolz auf sich!

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