SWR Kultur Wort zum Tag

11JUN2024
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In der Dankbarkeit wird die Freude persönlich. Diesen Satz habe ich neulich aufgeschnappt und mir gleich aufgeschrieben. Er gehört zu der Sorte Sätze, die mich spontan beeindrucken und auf den zweiten Blick dann irritieren. Denn: Was soll das bedeuten: In der Dankbarkeit wird die Freude persönlich?

Etwas persönlich nehmen ist in der Regel ja eher negativ besetzt. Ich nehme etwas persönlich und bin dann beleidigt oder zornig. Meine Seele ist dann insgesamt ärgerlich, ich nehme das ganze persönlich. Freude ist jedoch nicht negativ. Kann ich sie persönlich nehmen, so wie einen Vorwurf oder einen kritischen Hinweis? Vielleicht meint der Satz ja, dass ich mich intensiver freuen kann, wenn ich meine Freude persönlich nehme. Mit einer Freude, die meine Seele so ausfüllt wie mein Zorn und mein Beleidigt-Sein. Nur halt positiv. Ich nehme meine Freude persönlich. Ich bin ganz erfüllt von ihr.

Weiter gefragt: Ist eine solche Freude ohne Dankbarkeit unpersönlich? Ich kann mich doch auch einfach so freuen, ohne jemandem dafür dankbar zu sein, und das betrifft mich doch auch persönlich, einfach, weil ich es bin, die sich freut. Doch offenbar hängt beides enger zusammen, als ich zunächst gedacht habe.

Denn es stimmt ja: Ich bin dankbar, wenn etwas nicht selbstverständlich ist, sondern besonders. Ein großes oder kleines Lebensglück unterbricht meinen Alltag. Das kann ein unerwarteter Anruf sein, oder, manchmal ganz banal, ein Parkplatz, den ich in einer zugeparkten Gegend finde, wenn ich es gerade ziemlich eilig habe. Oder, viel aufregender, ein Kuss, oder eine herzliche Umarmung. Ein Gewinn oder eine Prüfung, die ich geschafft habe. Das kann ich alles so hinnehmen und mich auch darüber freuen. Wenn ich jedoch dankbar bin, dann mache ich meiner Seele klar:

Es ist ein Geschenk, dass ich das gerade erleben darf. Selbst, wenn ich – wie bei einer Prüfung – viel dafür getan habe: Zuletzt ist es ein Geschenk. Wenn ich dafür dankbar sein kann, dann gewinnt meine Freude eine andere Qualität. Sie strahlt nach außen aus. Merkwürdigerweise gerade dadurch, dass ich sie persönlich nehme.

Also tatsächlich: In der Dankbarkeit wird die Freude persönlich.

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