SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

30MAI2024
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Heute ist Fronleichnam. Ein katholischer Feiertag. Ich mag das Fest. Weil es draußen stattfindet, weil die Kirchen und Gemeinden mit ihrem Glauben auf die Straße gehen. Und ich mag es, dass dieses katholische Fest Menschen zusammenbringt: An manchen Orten helfen ganze Stadtteile mit, Blüten zu sammeln und die berühmten Blumenteppiche auf den Straßen zu legen. Musikkapellen, Chöre und Fahnenträger aus den Vereinen begleiten die Prozession; und beim anschließenden Gemeindefest kommt an vielen Orten das ganze Dorf zum Mittagessen zusammen.

Fronleichnam wird in der Theologie auch als „Ideenfest“ bezeichnet. Bei diesem Hochfest geht es nicht um ein Ereignis aus dem Leben von Jesus, also zum Beispiel wie an Weihnachten um seine Geburt oder wie an Ostern, um die Auferstehung. An Fronleichnam geht es um Jesus selbst und um seine ur-eigene Botschaft – vereinfacht gesagt: um die Idee von einem guten Leben. Und die hat zu tun mit der Erinnerung an das letzte Abendmahl vor seinem Tod. Damals hat Jesus gesagt: „Das ist mein Leib“ und hat dann das Brot mit seinen Jüngern geteilt. Daran sollten sie denken, wenn er nicht mehr da ist. Sie sollten zusammenkommen, gemeinsam essen, mit den Menschen so umgehen, wie sie es bei ihm gesehen hatten. Und das bedeutet: sich um die Schwachen und die Außenseiter kümmern, auf die Kinder achtgeben, den Menschen helfen, ihnen zuhören und sie fragen: Was braucht ihr? Als Erinnerung an diesen Jesus wird der Leib Christi, das Brot, in Form einer Hostie verehrt. Und an Fronleichnam öffentlich durch die Straßen getragen.

Fronleichnam ist ein Ideenfest. Mich inspiriert dieser Begriff darüber nachzudenken, was jetzt gerade, in dieser Zeit, dran ist, wenn ich an die Botschaft Jesu denke. Ich stelle mir Folgendes vor: Was wäre, wenn an Fronleichnam die ganze Stadtgesellschaft zusammenkommt und miteinander isst? Auch diejenigen, die – manchmal verschämt – im Tafelladen einkaufen. Und jene, die am Rand der Stadt in Flüchtlingscontainern wohnen. Was wäre, wenn, statt Blumenteppich, die Jungs vom Skaterpark ein Graffiti von ihrem Leben auf den Dorfplatz sprühen und der Pfarrer darüber predigt? Was wäre, wenn ein kleines Mädchen die Monstranz mit dem Allerheiligsten, dem Brot, durch die Straßen trägt? Weil Gott sich in jedem Menschen zeigt und weil Kinder bei Jesus immer einen besonderen Platz hatten.

Fronleichnam. Das bedeutet übersetzt: Der Leib des Herrn. Ich mag dieses Fest. Weil in diesem Brot, das durch die Straße getragen wird, das ganze Leben steckt.

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